2. (Keine) geheime Aufdeckung (mehr): aus divergierenden Stümpfen ein perfektes Teleskop
Diese Erkenntnis hat Jahre auf sich warten lassen – auf jeden Fall ist es eine schweißtreibende Zeit für uns gewesen!
Als ich vor 12 Jahren zu diesem Beruf wechselte, war der Ball bereits im Rollen: der Patient des 21. Jahrhunderts fand heraus, das er mit den plumpen, farblich abweichenden Kunststoffzähnen unten mit Metallrand genauso aussieht, wie Frankenstein aus dem Kino. Er forderte eine „normale” Prothese. Das war der Ausgangspunkt, dass wir anfingen das Geheimnis der grazilen Teleskope zu jagen wie den heiligen Gral – und letztendlich, nach unzähligen Herausforderungen und Hürden, haben wir es vor 5 Jahren auch gefunden!
Sie als beruflicher Gleichgesinnter wissen eigentlich ganz genau, warum das so ein schwieriger Fall ist – weil: welche Parameter brauchen die im Labor für die Teleskopfertigung eigentlich?
- Schlanke Stümpfe – je dünner, desto besser, aber das ist natürlich fast nie machbar
- Parallelität in allen 3 Dimensionen oder zumindest konische Stümpfe
- Null unter sich gehende Stellen
Ganz schön harte Ausführungserwartungen. Dennoch müssen sie einwandfrei ausgeführt sein, sonst treten die Folgen ein, wenn sich auch nur bei einem der 3 ein kleiner Fehler einschleicht, die der Patient von heute nicht mehr akzeptiert:
– „Kartoffel-Zähne”, dh. dicke und unnatürliche Teleskopzähne,
– das Labor ist gezwungen, den Rand der Primärkrone deutlich dicker zu gestalten, dadurch entstehen genauso unnatürliche „Pfosten” statt schmalen Zähnen.
– „Klaviertasten-Zähne”, sprich die Farbe des Teleskopzahnes weicht schon innerhalb des Kiefers vom den nebenliegenden Kunststoffzähnen ab, und ist die ausgesuchte Zahnfarbe in der Praxis nicht identisch (weil wir mit einem „Verblendungseinsparnis“ versuchen, den bei dem Gerüst zusätzlich verbrauchten Platz zu kompensieren).
-„schelmisches Grinsen”, d.h der Primärmetallrand blitzt unter dem Sekundär hervor (die Sekundärkrone kann ja wegen der Divergenz nicht ganz bis runter zum Primärkronenrand gezogen werden).
– „Scheidungsgrund-Mundgeruch” wegen den ewig im Zahnspalt hängenbleibenden Essensresten (für die Entstehung der Parallelität gestaltet der Techniker einen Spalt zwischen Primär- und Sekundärkrone)
Meinen Erfahrungen nach ist kein einziger Patient bereit, so etwas im Mund mit nach Hause zu nehmen – vielmehr flippen sie lieber vor Ort aus.
Umsonst versucht man diese später manuell durch Parallelisieren der Primärkronen auszumerzen, denn –wie auch unsere eigene Praxis zeigt –ist es hoffnungslos! Der Kronenhals wird abscheulich dick.
Wir selber können den Bruchteil eines Millimeters für das perfekt passende Ergebnis auch erst ausrechnen, seitdem ein Scanner und ein CAD-Programm das für uns erledigt.
Wie wird das PROFESSIONELL gemacht? Siehe hier, den perfekten Arbeitsablauf:
1. Wir scannen die Stümpfe ein, anschließend lassen wir die ideale Einschubsrichtung von einem Programm ausrechnen.
Wenn das Programm brüllt und sich dagegen wehrt, muss für diese Stelle eine Einschleifschablone gefertigt werden!
Der Sinn der Einschleifschablone ist ganz einfach:
Diese Schablone fertigt das Labor so, dass nur die Stelle vom Zahn herausschaut, die im Behandlungsstuhl vom Arzt abgeschliffen werden muss. Das Wunderbare daran ist, dass der Arzt gar keine Chance hat, sich zu vertun! (Also, das hört sich doch spitze an, oder?) Das Ergebnis ist bahnbrechend – obwohl das Werkzeug ein kleines einfaches Etwas ist.
Aber was passiert eigentlich, wenn wir diese kleine Waffe für den Arzt nicht herstellen? Manuelles Schleifen: die Hand des Arztes kann, sagen wir mal keine 0,1mm auf der einen Seite wegnehmen und auf der anderen Seite aufbauen. Mit der Hand wird das Ausgleichen der Parallelität einfach zu unproportioniert, oder auch schon dessen Kalkulierung. Deswegen wird das Endergebnis zwangsläufig wulstiger.
Auf gut deutsch: ohne Einschleifschablone sind Kompromisse GARANTIERT vorprogrammiert, die man dem Patienten (und dem Arzt) eintrichtern muss. Trotzdem fertigen die meisten Labore KEINE Einschleifschablone: „Hoffnungsloser Fall, die werten Ärzte sind sowieso nicht gewollt, sie zu benutzen.”
Ich muss gestehen, dass ich diese Sicht auch lange geteilt habe – doch ich habe mich GEIRRT!
Nach zigmaligen Neufertigungen derselben Arbeit ist meine Geduld endgültig flöten gegangen, ich hab mich entschlossen, Aufträge nur noch unter dieser Bedingung anzunehmen. Und ich wurde wahnsinnig überrascht! Nach ein wenig Herumdrucksen antwortete ein Arzt: „Hmmmmm… na, wenn sie darauf bestehen…” Na und wie wir darauf bestehen – und das rate ich Ihnen auch: wir, die Labore müssen durchhalten!
Ja, für den Arzt ist es zeitaufwendiger, aber er wird es tun: wenn er versteht, wie gut das für ihn sein wird. Und ich sage Ihnen noch etwas: man kann von Glück reden, dass in den meisten Laboren kein Kampfgeist steckt – so können wir, die bereit sind mit unserem Arzt für das perfekte Endergebnis zu kämpfen, jede Menge Anerkennung einräumen!
Für heute hatten wir aber mehr als genug von meinen Anekdoten – das nächste Mal werde ich mit Ihnen unser Erkenntnis teilen, wodurch es uns gelungen ist, die perfekte Fräsfriktion zu erreichen.
Ja, Sie sehen richtig: keine manuelle Fertigung (denn das können viele), sondern PERFEKT GEFRÄST!
Ausführlicher in meinem nächsten Schreiben…